Page 12 - TopRocker Nr.4
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         Wie kommt ein Rockerclub dazu, sich Schleuse  die  Schleuse  III.  Freundinnen,  Schichtarbeit  viele Gäste an, wurde es mit Sicherheit laut und
         III zu nennen. Eigentlich ist es ganz einfach. In  oder  Wegzug  dezimierten  die  Kumpels,  bis  eng. Und das ist inmitten eines Wohngebietes
         Oberhausen,  fließt  der  Rhein-Herne-Kanal.  nach ein paar Jahren, Ende der Siebziger, eine  natürlich stets mit Ärger verbunden, so wohl-
         Dies tut er schon sehr lange, nur daß es früher  Gruppe von Jungs übrigblieb, die ein gemein-  wollend man auch insgesamt der Bande gegen-
         auf dem Gelände, das die Kultur- und Kom-  sames Hobby hatten, das Moped, einige sogar  überstand.  Ein  Übriges  für  gewisses  Un-
         merz-Centren beherbergt, das yssen-Werk  ein Motorrad.                   verständnis tat die Tatsache, daß seinerzeit bis
         Niederrhein  gab.  Eisen  und  Stahl,  wie  einst                         in die Achtzigermitte keine echte Party ohne
         überall im Kohlenpott. Seinerzeit gab es in der  1979 kristallisierte sich aus dieser Gruppe ein  Schlammgrube abgehen konnte. Die Member
         Reihe der Kanalschleusen zwischen dem Rhein  Motorradclub,  ein  richtiger  MC  mit  Colour  und Freunde vom MC Schleuse III waren bald
         und Herne auch die Nummer drei. Das ist allein  nach  amerikanischem  Vorbild.  Der  Name  echte Profis im Einsauen der Wiese neben der
         nichts Besonderes, wäre da nicht die besondere  Schleuse III ergab sich von selbst. Man nannte  Turnhalle. Aber im Großen und Ganzen war
         Lage des gleich angrenzenden Arbeiter- Stadt-  sich vollständig MC Schleuse III Deutschland.  der Protest der Anwohner nie schlimmer als
         teiles.  Genaugenommen  verläu  hier  die  Als Colour wurde das Cover der brandneuen  mal eine Beschimpfung als »Saupack« oder le-
         Grenze der Stadtteile Oberhausen-Borbeck und  LP von Nazareth erkoren. Daß dies auch heute  diglich verständnisloses Kopfschütteln.
         Osterfeld. Der Volksmund jedoch nannte dieses  noch den Rücken schmückt, ein Skelettsoldat
         Wohnsiedlungsgebiet wegen der eingeengten  mit zwei Knochenkeulen, ist Ehrensache. Es  Dem Club war Ende der Achtziger klar, daß ein
         Lage  zwischen  A42,  Kanal  und  Bahnlinien  gibt, wie die Member von Schleuse III inzwi-  neues Clubhaus, vielleicht etwas abseits, schon
         schlicht »Schleuse III«.             schen bemerkt haben, auch heute noch andere  eine echte Verbesserung darstellen würde. Und
                                              Clubs, deren Colour auf diesem Motiv basiert.  als man sich eben auf die Suche gemacht hatte,
         Dort, vor mehr als 40 Jahren, nämlich 1972, tra-                          gab eine Gärtnerei mit entsprechend großem
         fen sich Jugendliche aus dieser Siedlung regel-  Der Club hatte durch die Wurzeln in der Sied-  Freigelände ihren Betrieb auf. Nur wenige hun-
         mäßig in der Nähe der Schleuse III. Sie taten  lungsjugend noch immer engen Kontakt zum  dert Meter von der alten Turnhalle entfernt. Der
         sich zu etwa vierzig Leuten zu einer Straßen-  Stadtteil. Daraus ergab sich der Vorteil, schnell,  Club bekam den Zuschlag aufgrund einer so-
         gang zusammen, wie sie damals jedes Stadtvier-  gleich zu Anfang ‘79, ein Clubhaus bekommen  ziokulturellen Hilfsmaßnahme im Stadtteil. So-
         telkannte. O waren es unsichtbare Grenzen  zu  können.  Der  Anbau  einer  Turnhalle  der  fort machten sich die Member an den Aus- und
         zwischen  Siedlungsteilen,  ein  geschotterter  Grund- und Hauptschule sollte von da an für  Weiterbau der bestehenden Baracke.
         »schwarzer« Weg, ein Bach, ein Bahndamm,  lange  Zeit,  bis
         der  die  Demarkationslinie  zwischen  »denen  1992,  Heimstatt
         drüben«  und  »uns  hier«  markierte.  Wehe  des  Motorrad-
         denen,  die  die  Regeln  nicht  einhielten  oder  clubs  Schleuse
         nicht  kannten  und  die  unsichtbare  Grenze  III  Deutschland
         überschritten. Der Verlust von Zigaretten, einer  sein. Obwohl öf-
         Fußballbildersammlung oder des ganzen Turn-  fentliches   Ge-
         beutels drohte, wenn man der falschen Truppe  bäude,  störte  es
         in die Hände fiel. Das regulierte sich dann wie-  niemanden  in
         der, wenn einer von den anderen aus irgendwel-  der   Nachbar-
         chen Gründen auf das eigene Gebiet geriet, so  scha, daß schon
         zum Beispiel zu Arztbesuchen, beim Radfahren  bald das Colour
         oder auf dem Weg zur Oma, die dummerweise  überlebensgroß von einer Außenwand herab-  Im letzten Jahr wurde das vierzig Jährige Jubi-
         auf der falschen Seite wohnte.       starrte. Man wußte ja, wer dazugehörte und daß  läum gefeiert. Die Gäste kamen aus so ziemlich
                                              es eben die Jungs aus der Nachbarscha waren.  allen deutschen Gegenden. Immerhin hat der
         Weil solch große Gruppen nur schlecht über  Damals tat der MC Schleuse III auch regelmä-  MC Schleuse III in den vielen Jahren seines Be-
         längere  Zeit  zusammenhalten  können,  brö-  ßig von sich aus etwas für positive Bevölke-  stehens schon jede Menge Bekanntschaen ge-
         ckelte es bald auch im Gefüge der Truppe um  rungsresonanz. Besonders der Draht zur Stadt  macht und viele Freundschaen geschlossen.
                                              war bemerkenswert gut. Das lag nicht zuletzt  Daß über 600 Gäste zur Feier erschienen sind,
                                              daran, daß der Club außerhalb seines Wohnge-  zeigt, daß ein Besuch beim MC Schleuse III
                                              bietes  nie  großkotzig  aurat  und  wenn  er  immer lohnenswert ist. Fröhliche Gastgeber,
                                              schlug, dann nur zurück. Beliebt in der Öffent-  eine gute Organisation und beste Stimmung
                                              lichkeit war die Organisation von Fußballtur-  unter allen Gästen sind Garant für weitere Tref-
                                              nieren,  bei  denen  der  Club  Volksnähe  fen im Stadtteil um die ehemalige Schleuse. Was
                                              demonstrierte  und  kräig  mithalf,  daß  alles  die Zukun bringt, weiß niemand. Daß es den
                                              klappte.                             MC  Schleuse  III  in  Oberhausen  noch  eine
                                                                                   Weile geben wird, ist anzunehmen.
                                              So klasse es auch war, ein Clubhaus vom Start
                                              weg zu haben, so schwierig war die Nähe zur           Text/Fotos: Schleuse III
                                              besagten Schule. Blieben Treffen und Parties im
                                              kleinen Rahmen, ging’s ja noch. Meldeten sich  Kontakt: www.mc-schleuse3.de


         JUL/AUG 2020
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